| 2.9.2 Arbeitshypothesen und Versuch ihrer Verifizierung | |
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| Die aufgenommenen Hystereseschleifen  sind der summarische Ausdruck der Überlagerung des nichtsinusförmigen 
      Leerlaufstromes i1l(t) 
      (bzw. der zugehörigen Feldstärke H(t) 
      ) und des dazu um 90° phasenverschobenen sinusförmigen Flusses 
      Φh(t) 
      (bzw. der Induktion B(t) 
      ). Die Hystereseschleife widerspiegelt in jedem Fall sowohl das Auftreten | |||||||||||||||||||
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|  | 2.9-(6) | ||||||||||||||||||
| aber auch noch | |||||||||||||||||||
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| Die Eisenverluste (oder auch Ummagnetisierungsverluste genannt) sind im Versuch GET14 „Messung der Eisenverluste“ genauer beschrieben, so dass an dieser Stelle auf die dortigen Ergebnisse zurückgegriffen wird. | |||||||||||||||||||
| Die Wirbelströme stellen eine räumliche elektrische Strömung in den einzelnen zueinander isolierten Blechen des Eisenpaketes dar, die durch die in den Blechen vorhandenen Flussanteile ΔΦ(t) des homogen verteilten Hauptflusses Φh(t) auf Grund des Induktionsgesetzes wirksam werden. | |||||||||||||||||||
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| Bild 15: Wirbelstrombahnen in einem Eisenstück und den Einzelblechen eines Blechpaketes | |||||||||||||||||||
| Ihre analytische Behandlung unter vereinfachenden Annahmen liefert in einem Eisenblech die Wirbelstromverluste PWb (siehe Versuch GET14): | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(7) | ||||||||||||||||||
| κFe : elektrische Leitfähigkeit des Blechmaterials | |||||||||||||||||||
| a, l : Blechabmessungen | |||||||||||||||||||
| d : Blechdicke eines Einzelbleches | |||||||||||||||||||
| Die Formeln für die Hysterese- und Wirbelstromverluste wurden hier in erster Linie angegeben, um ihre funktionellen Abhängigkeiten von | |||||||||||||||||||
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| hervorzuheben. | |||||||||||||||||||
| Die Gleichung für die Wirbelstromverluste in einem Einzelblech gilt nur unter der Annahme, dass keine Rückwirkung der Wirbelströme auf das erregende B-Feld angenommen wird. Diese Annahme ist für | |||||||||||||||||||
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| sicher erfüllt, wie es die Ergebnisse des Versuches 
      GET14 zeigen. Für den Transformatorkern mit dem massiven Stahlstück 
      der Dicke d = 15 mm 
      ist allerdings davon auszugehen, dass das magnetische Eigenfeld der Wirbelströme 
      zur Flussverdrängung des Erregerfeldes aus dem Inneren des Stahlstückes 
      auf eine Randzone und damit zur Feldunsymmetrie führt. Unser Transformatormodell 
      basiert aber auf der Homogenität der Fluss- bzw. Induktionsverteilung 
      im Eisenkern; insbesondere ist die Transformatorformel unter dieser Maßgabe 
      (direkte Proportionalität von magnetischer Induktion  und angelegter Spannung U) hergeleitet worden. 
      Die Messergebnisse für die Effektivwerte der Primärspannung U1 = Ueff 
      werden zeigen, dass diese Proportionalität aufgehoben und eine höhere 
      Spannung zur Induktionseinstellung gegenüber dem theoretisch errechneten 
      Wert notwendig ist. | |||||||||||||||||||
| Wir wollen nun eine Arbeitshypothese formulieren: | |||||||||||||||||||
| Die Hystereseschleife widerspiegelt in ihrem Verlauf die gesamten Eisenverluste | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(8) | ||||||||||||||||||
| und sollte deshalb besser „Ummagnetisierungsschleife“ genannt werden, denn die Hystereseverluste sind nur ein Anteil. | |||||||||||||||||||
| Die Hysteseschleifen (oder besser jetzt „Ummagnetisierungsschleifen“ genannt) sowie die zugehörigen Zeitverläufe der Induktion B(t) (bzw. der Spannung u1(t) ) und der magnetischen Feldstärke H(t) (bzw. des Leerlaufstromes i1l(t) ) sind in den folgenden Bildern dargestellt. | |||||||||||||||||||
| Verbindet man die Endpunkte der partiellen Ummagnetisierungsschleifen, 
      so erhält man die sogenannte Kommutierungskurve  als eindeutige Kennlinie. Für beide Transformatorkerne sind die Kommutierungskurven  im Bild 
      dargestellt. Beim Eisenkern Dynamoblech/Stahl ist zu beachten, dass hier 
      eine Überlagerung der Magnetisierungskennlinien zweier verschiedener 
      Werkstoffe bei gleichzeitiger Störung der Induktionsausbildung infolge 
      Flussverdrängung im Stahlstück erfolgt ist. | |||||||||||||||||||
| Die Kommutierungskurve liefert uns den nichtlinearen zeitlichen 
      Verlauf des Magnetisierungsstromes iµ(t) 
      (bzw. Hµ(t)), 
      der mit der sinusförmigen Induktion B(t) 
      in Phase ist bzw. der Spannung u1(t) 
      um 90° nacheilt. Die Hysteresis, d. h. das Nacheilen des Leerlaufstromes 
      i1l 
      gegenüber der Induktion B(t) 
      wird durch die Wirkkomponente iνH 
      des Leerlaufstromes verursacht und diese erfasst den Energieverlust, der 
      durch das Verschieben bzw. Umklappen der Blochwände (Ausrichten der 
      Elementarmagnete im Kernmaterial bei wechselnder Magnetisierung) aufgewandt 
      werden muss. Dieser Komponente iνH 
      überlagert sich ein zweiter Anteil iνWb, 
      der durch die Wirbelströme bedingt und mit der Spannung u1(t) 
      in Phase ist und gegenüber der Induktion B(t) 
      um 90° vorauseilt. Die parameter-t-freie Darstellung der Kennlinie iνWb(u1) 
      ergibt bei rein sinusförmigen Größen eine Ellipse, die sich 
      der Hystereseschleife iµ(u1) 
      überlagert und diese zur Ummagnetisierungsschleife aufweitet. Der nichtsinusförmige Leerlaufstrom i1l ergibt sich aus der Überlagerung des nichtsinusförmigen und impulsartigen Magnetisierungsstromes iµ (bzw. Hµ(t)) bei Aussteuerung der  -Kennlinie 
      in die Sättigung und des um 90° vorauseilenden Eisenverluststromes 
      iν 
      mit seinen durch die Hysterese und die Wirbelströme bedingten Anteilen | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(9) | ||||||||||||||||||
| Der Maximalwert des Magnetisierungsstromes  wird offensichtlich über die nichtlineare Kommutierungskennlinie durch 
      den zugehörigen Spitzenwert der magnetischen Feldstärke  (Index steht auch für Sättigungswert)  festgelegt. Der Maximalwert des cosinusförmigen vorauseilenden Eisenverluststromes  wird dagegen durch den Maximalwert der Koerzitivfeldstärke  bestimmt; denn wenn der Magnetisierungsstrom iµ(t) 
      (bzw. Hµ(t)) 
      sein Maximum erreicht, ist der Eisenverluststrom iν 
      = 0 (bzw. HK 
      = 0). | |||||||||||||||||||
| Ausgehend von diesen Überlegungen wurde die Konstruktion 
      des nichtsinusförmigen Leerlaufstromes i1l(t) 
      (bzw. der magnetischen Feldstärke H(t) 
      ) aus dem zeitlichen Verlauf des impulsartigen Magnetisierungsstromes iµ(t) 
      (bzw. der zugehörigen Feldstärke Hµ(t) 
      ) und aus dem cosinusförmigen Verlauf des Eisenverluststromes iν(t) 
      (bzw. der zugehörigen Feldstärke HK(t)) 
      im Bild (Konstruktion 
      des nichtsinusförmigen Leerlaufstromes i1l(t)) 
       für den Transformator mit dem Kernmaterial Dynamoblech/Stahl 
      bei einer sinusförmigen Induktion  mit  vorgenommen. | |||||||||||||||||||
| Der zweite Teil unserer Arbeitshypothese ordnet der Koerzitivfeldstärke  einen bestimmenden Einfluss in gewissen Grenzen auf den Maximalwert des 
      Eisenverluststromes  zu und legt den Gedanken nahe, dass die Energiedichte wFe 
      der Fläche der Ummagnetisierungsschleife entspricht und näherungsweise 
      über die Formel für die Ellipsenfläche | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10) | ||||||||||||||||||
| berechnet werden kann. | |||||||||||||||||||
| Bleibt man im Geltungsbereich der symbolischen Methode, so folgt aus | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.1) | ||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.2) | ||||||||||||||||||
| und | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.3) | ||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.4) | ||||||||||||||||||
| für die Fläche der Ummagnetisierungsschleife die 
      Gleichung 2.9-(10)  | |||||||||||||||||||
| Warum nur in Grenzen? Die Berechnung von AUmmag 
      über die Ellipsenfläche setzt voraus, dass die partiellen 
      Hysterese(-verlust)schleifen durch Ellipsen approximiert werden können. 
      Diese Voraussetzung ist nur für kleine Hystereseschleifen erfüllt 
      und kann durch das Verhältnis  eingegrenzt werden. Für die Frequenz f = 50 Hz 
      und Sättigungsinduktionswerten  übersteigen die Hystereseverluste die Wirbelstromverluste bei weitem, 
      d.h. die Hystereseschleife besitzt von Haus aus eine ausgeprägte Spitze 
       (siehe Ausdrucke der Ummagnetisierungsschleifen für Dynamoblech/Stahl 
      und für Dynamoblech), 
      deren Flächenanteil einen maßgeblichen Beitrag zu den Ummagnetisierungsverlusten 
      beisteuert. Gemäß Gl. 2.9-(10) kann man die Ummagnetisierungsfläche 
      in eine äquivalente Ellipsenfläche umrechnen, und so zu den tatsächlich 
      gemessenen Eisenverlusten gelangen. Bei vorgegebener Aussteuerung  wird allerdings dann zwangsläufig der sich aus der Ummagnetisierungsschleife 
      ergebende Maximalwert der Koerzitivfeldstärke  in einen äquivalenten Maximalwert  umgerechnet. Erst ab Frequenzen  erreichen die Wirbelstromverluste die Größenordnung der Hystereseverluste 
      und für  dominieren diese, wie Ergebnisse des Versuches 
      GET14 zeigen. Dann wird die Ummagnetisierungsschleife wieder „ellipsen“-ähnlicher, 
      d.h. das Verhältnis  gestaltet sich nun günstiger  und die Formel für die Ellipsenfläche zur Berechnung der Energiedichte 
      wm 
      der Ummagnetisierungsschleife liefert wieder annehmbare Ergebnisse (im Rahmen 
      einer 10%igen Genauigkeitsklasse) im Vergleich zu den tatsächlich gemessenen 
      Eisenverlusten. Die vorausgegangenen Betrachtungen ermöglichen uns nun, eine Einschätzung der Näherung bei der Anwendung der symbolischen Methode auf die Messergebnisse beim Leerlaufversuch zu geben. | |||||||||||||||||||
| Worin besteht der Fehler bei der Berechnung des Magnetisierungsstromes Iµ ? | |||||||||||||||||||
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| Bild: Verlauf des Leerlaufstromes für eine Halbperiode | |||||||||||||||||||
| Der zeitliche Verlauf des Leerlaufstromes i1l(t) 
      ist, wie wir gesehen haben, nichtsinusförmig, aber sein Effektivwert 
      I1l kann 
      mit einem sogenannten Echt-Effektivwertmesser bezogen auf die Periodendauer 
      T der Grundwelle gemessen werden. Aus der 
      eindeutigen Kommutierungskurve  können wir den zeitlichen Verlauf des impulsartigen Magnetisierungsstromes 
      iµ(t) 
      konstruieren, der wegen iµ(t+T/2) = -iµ(t) 
      ungeradzahlige Harmonische (3., 5., 7., 9. Harmonische usw.) enthalten wird. 
      Dieser nichtsinusförmige Magnetisierungsstrom iµ(t) 
      besitzt ebenfalls einen Effektivwert Iµ: | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(11) | ||||||||||||||||||
|  | 2.9-(11.1) | ||||||||||||||||||
| der bei Anwendung der Formel | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(12) | ||||||||||||||||||
| die nur für rein sinusförmige Größen (symbolische Methode!) gilt, offensichtlich durch einen gleich großen sinusförmigen Magnetisierungsstrom I'µ(T) mit gleicher Periodendauer T der Grundwelle ersetzt wird. Der zeitliche Verlauf des Eisenverluststromes iν wird sinusförmig vorausgesetzt. | |||||||||||||||||||
| Beachte: Die Stromoberschwingungen treten bei Betrieb des Transformators am starren Netz nur in der Primärseite auf, denn der sinusförmige Fluss Φh induziert in der Sekundärwicklung eine sinusförmige Spannung u2(t) , die bei linearem Lastfall auch einen sinusförmigen Strom i2(t) antreibt. Eine besondere Bedeutung hat dabei die 3. Harmonische (größte Amplitude der Oberwellen). | |||||||||||||||||||
| Wir halten also fest, dass die Fläche der Ummagnetisierungsschleife (Gleichung 2.9-(10)) | |||||||||||||||||||
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| die gesamte Energiedichte wFe der Eisenverluste PFe beinhaltet und nicht nur den Anteil der Hystereseverluste PH widerspiegelt siehe Gleichung 2.9-(10.5): | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.5) | ||||||||||||||||||
| Die Rechteckregel für die numerische Integration, angewandt auf die Ummagnetisierungsschleife, ergibt (unter Nutzung ihrer Symmetrie zur H-Achse) | |||||||||||||||||||
|  | 2.9-(10.6) | ||||||||||||||||||
| nach Auszählung der Ummagnetisierungschleifen zum Kern Dynamoblech/Stahl folgende Ergebnisse für die: | |||||||||||||||||||
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| Für den Kern Dynamoblech (Dbl) erhält man nachstehende Ergebnisse für | |||||||||||||||||||
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| Die Planimeterwerte sind in guter Übereinstimmung mit den Messwerten. | |||||||||||||||||||
| Eine Messung der Hystereseverluste PH allein ist nur aus der statischen Hystereseschleife (Gleichstromaufnahme) exakt richtig bzw. bei einer dynamischen Wechselstromaufnahme mit sehr kleinen Frequenzen f möglich, wenn gesichert ist, dass | |||||||||||||||||||
| PH 
        >> Pwb | |||||||||||||||||||
| gilt. Jede Frequenz- und/oder Induktionserhöhung führt 
      automatisch zu einer Vergrößerung der Koerzitivfeldstärke  und damit zu einer Aufweitung der Ummagnetisierungsschleife, weil beide 
      Größen in ihrer quadratischen Abhängigkeit die Wirbelstromverluste 
      erhöhen. In der gängigen Literatur zu diesem Thema wird bedauerlicherweise kaum auf diesen Umstand hingewiesen, sondern meist die Ummagnetisierungsschleife mit der Hystereseschleife gleich gesetzt und nur von den Hystereseverlusten PH gesprochen, ohne dass bedacht wird, dass auch die Wirbelstromverluste Pwb ebenfalls Einfluss auf die Gestalt der Ummagnetisierungsschleife nehmen. Die  -Hystereseschleife | |||||||||||||||||||