Das Strom-Spannungsverhalten des realen Transformators im Leerlauf wurde an Hand eines Kleintransformators L170 (Blechschnitt L in mm: 170/68/34) näher untersucht.
Das Kernmaterial besteht aus lackisolierten Einzelblechen der Dicke d = 0,35 mm der Materialsorte Dynamoblech IV. Ein Viertel des Blechpaketes ist zur künstlichen Erhöhung der Eisenverluste durch ein massives Stahlstück ersetzt worden (Aufbau aus Dynamoblech und Stahlstück (Detail)). Das bewirkt eine Erhöhung des Wirbelstromanteils an den Eisenverlusten. Allerdings ist die resultierende Kennlinie des Kernmaterials nun keine reine Kennlinie des Materialtyps Dynamoblech IV.
 
 

Außerdem steht ein zweiter Transformator desselben Typs zur Verfügung, dessen Kernmaterial ausschließlich aus Dynamoblech der gleichen Blechdicke besteht. Beide Muster erlauben Vergleichsmessungen und werden wie folgt unterschieden:

  • Transformator mit Kernmaterial Dynamoblech/Stahl (Kern Dbl/St)
  • Transformator mit Kernmaterial Dynamoblech (Kern Dbl).
Die Transformatoren verfügen über 3 Wicklungen mit
w1  = 520     Schenkel 1 (primär)
w2 = 260     Schenkel 2 (sekundär)
w3 = 50     Hilfswicklung auf Schenkel 2.
Die Art der Wicklungsaufteilung erhöht den Streufluss und damit die Streuinduktivitäten Lσ1 und Lσ2. Die mittlere Eisenweglänge beträgt
lFe = 408 mm,
die wirksame Eisenquerschnittsfläche (bei Berücksichtigung eines Eisenfüllfaktors η)
AFe = 19 cm2
Als Primärwicklung diente wie im Versuch GET12 die Wicklung w1. An die Hilfswicklung w3 wurde zur Aufnahme der Hystereseschleife des Kernmaterials ein Integrierglied (Tiefpass) angeschlossen.
Das Durchflutungsgesetz liefert für einen Integrationsweg () innerhalb des Eisenkreises bei homogener Flussverteilung des Hauptflusses Φh
2.9-(1)
mit der Zusatzbedingung i1w1 >> i2w3.
Ausgehend von Augenblickswertgleichungen legen wir dann für unsere Untersuchungen ausschließlich Spitzenwertgleichungen für die verkoppelten elektrischen Netz- und magnetischen Feldgrößen zugrunde. Dann gilt (Begründung folgt später):
2.9-(2)
Bild 14: Schaltung zur Aufnahme der Hysteresekennlinie des Kernmaterials
Somit wird aus
2.9-(1.1)
2.9-(1.2)
Der Widerstand R1 wurde an einem Schiebewiderstand mittels einer L-C-R Präzisionsmessbrücke von Philips so eingestellt, dass für die magnetische Feldstärke unter Berücksichtigung der gewählten Ablenkempfindlichkeit  des Digitalspeicheroszilloskops möglichst glatte Zahlenwerte an der Rastereinteilung des Bildschirms entstehen, damit einfache Vergleiche hinsichtlich der Sättigungs- und Koerzitivfeldstärke möglich sind.
Die sekundäre Klemmspannung u2 ergibt sich aus dem Induktionsgesetz gemäß Abschnitt 2.2 zu
2.9-(3)
Der Maschensatz liefert für die Augenblickswerte der Spannungen im Sekundärkreis
2.9-(4)
wenn uR2 >> uC2 durch eine geeignete Dimensionierung des Tiefpasses gewährleistet wird:
2.9-(4.1)
(Bei sinusförmigem Fluss sind u2 , uR2 und uC2 sinusförmig und damit auch i2(t).)
Aus
2.9-(5)
erhält man
2.9-(5.1)
Als Integrationskapazität C2 wurde ein MKF-Kondensator von C2 = 6,808 µF mit hoher Güte (Q > 1000) bzw. kleinem Verlustfaktor tan δ ausgewählt und ausgemessen.
Der Bildschirm des verwendeten Digitalspeicheroszilloskops VC 6023 von Hitachi besitzt, ausgehend von einem in die Mitte gelegten Koordinatensystem, 4 Rasterfelder nach oben (bzw. nach unten) und 5 Rasterfelder nach rechts (bzw. nach links).
Für die Integrationsspannung wurden bei einer Maximalinduktion festgelegt:
Hieraus resultieren günstige -Werte für die Rastereinteilung auf dem Bildschirm. Der aus dieser Festlegung folgende Wert für den Widerstand ergibt sich zu
2.9-(5.1)
Die Einstellung dieses Widerstandswertes am Integrierglied wurde mit einer 10x10 kΩ Präzisionswiderstandsdekade vorgenommen. Die Bedingung R2/RC2 >> 1 ist mit R2/RC2 = 74,6 erfüllt.
Die - Kennlinien (Hystereseschleifen) sowie die Zeitfunktionen B(t) und H(t) wurden über einen Plotter 681-XA ausgedruckt. Die Einstellung der Induktionswerte erfolgte über einen Trennstelltransformator TST 280/6. Zu jedem Einstellwert der Maximalwertinduktion (Kontrolle der Einstellung mittels eines Spitzenwert-messgerätes VM 70 parallel zum Kondensator C2) wurden mit einem Universalmesser 510 SR gemessen:
  • der Effektivwert der Primärspannung U1,
  • der Effektivwert des Leerlaufstromes I1l (Echteffektivwert),
  • die Eisenverluste PFe.
Mit dem Digitalspeicheroszilloskop wurden zusätzlich erfasst:
  • der Maximalwert der Sättigungsfeldstärke und
  • der Maximalwert der Koerzitivfeldstärke .
Alle notwendigen Einstellwerte, Messwerte und berechneten Größen sind in den nachfolgenden Tabellen 1 und 2 für beide Transformatormodelle mit unterschiedlichem Kernmaterial zusammengestellt. In der Legende zu den Tabellen 1 und 2 werden die Spaltengrößen näher erläutert, Bemerkungen zu den Messwerten und ihrer Genauigkeit gemacht sowie notwendige Formeln für ihre Berechnung angeführt. Klicken Sie für nähre Erläuterungen einfach auf die Nummern.
Tabelle 1
Tabelle 2