Flächenintegral

Wie wird das Flächenintegral (z.B. der Stromdichte) ausgewertet?

Notwendige mathematische Grundlagen :

Das Integral

\( I=\displaystyle\int \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} \)

beschreibt, welcher Strom insgesamt durch die hier kreisförmige Stromdurchtrittsfläche des Elektronenstrahles (vgl. nebenstehende Abbildung) geführt wird.
Es ist ein Flächenintegral von Vektorfeldern und ist dem mathematischen Teilgebiet "Vektoranalysis" zuzuordnen.

Der Ausdruck \( \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} \) hinter dem Integralzeichen beschreibt ein Skalarprodukt aus einem Vektor der Stromdichte \( \vec{J}_K \) und dem Normalenvektor eines Flächenelements \( \mathrm{d}\vec{A}_K \) (senkrecht zur Stromdurchtrittsfläche!).

Die Summe der Vektoren der Stromdichte \( \vec{J}_K \) bilden ein Vektorfeld, d.h. jedem Punkt der Stromdurchtrittsfläche ist eindeutig ein Vektor zugeordnet.

Die Summe der Normalenvektoren \( \mathrm{d}\vec{A}_K \) bildet ebenfalls ein Vektorfeld.

Das Ergebnis des Skalarprodukts zweier Vektoren ist eine Zahl hier der Teilstrom \( \mathrm{d}I_K \)!

Die Summe aller Teilströme bildet ein skalares Feld, d.h. jedem Punkt der Stromdurchtrittsfläche ist eindeutig ein Teilstrom \( \mathrm{d}I_K \) zugeordnet. Die Auswertung des Integrals kann durch ein Doppelintegral erfolgen.


Ich möchte die Definition und Eigenschaften des Skalarproduktes wiederholen:
Brückenkurs Mathematik: Skalarprodukt

Ich möchte den Integralbegriff intuitiv wiederholen:
Applet Mathe-Online.at


Haben Sie bisher eine Funktion \( y = f (x) \) über einem Integrationsintervall \( \mathrm{x}\in \left[a, \mathrm{b} \right] \) integriert, so wird jetzt die Fläche \( A \) (oder das Gebiet \( A \)) im \( x \)-\( y \)-Definitionsbereich der Funktion \( z = f (x,y) \) von zwei Variablen betrachtet. Dabei wird die Funktion \( z = f (x,y) \) als konstant angenommen.

Da das ebene Integrationsgebiet jetzt zweidimensional ist, kann also das Integral durch zwei nacheinander auszuführende einfache Integrationen über je eine Integrationsveränderliche \( x \) bzw. \( y \) berechnet werden.

Das Integrationsgebiet kann ein Rechteck, ein Kreisring (Bild s.o.) oder ein beliebiges durch eine Randkurve berandetes einfach zusammenhängendes Gebiet sein.

Für das Integrationsgebiet ergibt sich \( \mathrm{d}A = \mathrm{d}x·\mathrm{d}y \) als ein Flächenelement in kartesischen Koordinaten.



Man sagt: Das Flächenintegral über der Funktion \( z = f (x,y) \)

\( \displaystyle\int \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A=\iint \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A \)

lässt sich in kartesischen Koordinaten durch ein Doppelintegral auswerten.

Zum Beispiel so:

\( \displaystyle\int \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A = \iint \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A = \displaystyle\int \limits_{x_1}^{x_2} \left[ \displaystyle\int \limits_{y_1(x)}^{y_2(x)} f (x,y)\mathrm{d}y \right] \mathrm{d}x \)

oder so:

\( \displaystyle\int \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A = \iint \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A = \displaystyle\int \limits_{y_1}^{y_2} \left[ \displaystyle\int \limits_{x_1(y)}^{x_2(y)} f (x,y)\mathrm{d}x \right] \mathrm{d}y \)

Das Doppelintegral wird ausgewertet, indem zuerst das „innere Integral“ eindimensional nach der einen Variablen integriert wird (andere Variable ist konstant!) und dann das „äußere Integral“ nach der anderen Variablen integriert wird.

Geometrische Deutung:

Bisher: Das einfache bestimmte Integral \( \displaystyle\int \limits_{x_1}^{x_2} f (x)\mathrm{d}x \) ist der Inhalt einer Fläche unter einer Kurve \( y = f (x) \).

Jetzt: Das Doppelintegral \( \iint \limits_A^{} f (x,y)\mathrm{d}A \) ist der Inhalt eines Volumens unter einer Fläche \( z = f (x,y) \).

Für eine in Polarkoordinaten \( x = r·\mathrm{cos}φ \), \( y = r·\mathrm{sin}φ \) gegebene Funktion \( Φ(r,φ) \) nimmt das Flächenelement \( \mathrm{d}A \) die Form \( \mathrm{d}A = r·\mathrm{d}r·\mathrm{d}φ \).


Warum ist das so?

Bei der Herleitung der Größe des Flächenelements \( \mathrm{Δ}A \) wird auf einen Satz zurückgegriffen, der davon ausgeht, dass die alten Variablen \( x \), \( y \) mit neuen Koordinaten \( r \), \( φ \) durch eineindeutige, differenzierbare Funktionen verknüpft sind \( x = x(r,φ) \); \( y = y(r,φ) \), die stetige partielle Ableitungen haben.

Wenn die Funktionaldeterminante

\( \begin{vmatrix} \dfrac{\partial x}{\partial r} \; & \dfrac{\partial y}{\partial r} \\ \dfrac{\partial x}{\partial φ} \; & \dfrac{\partial y}{\partial φ} \end{vmatrix} = \begin{vmatrix} {\mathrm{cos}φ} & {\mathrm{sin}φ} \\ {-r·\mathrm{cos}φ \;} & {+r·\mathrm{cos}φ} \end{vmatrix} = r \)

nicht identisch verschwindet, geht die Funktion \( f (x,y) \) in eine Funktion \( Φ(r,φ) \) über und das Flächenelement \( \mathrm{d}A \) hat die Form

\( \mathrm{d}A = |D|·\mathrm{d}r·\mathrm{d}φ \).

Das Flächenintegral kann jetzt wie folgt geschrieben werden:

\( \displaystyle\int \limits_A^{} Φ(r,φ)\mathrm{d}A = \iint \limits_A^{} Φ(r,φ)\mathrm{d}A = \displaystyle\int \limits_{φ_1}^{φ_2} \left[ \; \displaystyle\int \limits_{r_1(φ)}^{r_2(φ)} Φ(r,φ)·r \mathrm{d}r \right] \mathrm{d}φ \)

Auch hier wird zunächst das „innere Integral“ und dann das „äußere Integral“ ausgewertet.


Beispiel:

Die gesuchte Stromstärke \( I \) (Bild s.o.) über der Kreisfläche \( A \) lässt sich wie folgt mittels Doppelintegral berechnen:

Das Integral:

\( I = \displaystyle\int \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} = \iint \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} \)

lässt sich durch die Definitionsgleichung des Skalarproduktes lösen:

\( |\vec{J}|·|\mathrm{d}\vec{A}|·\mathrm{cos}(α) = \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} \)

Da die Vektoren \( \vec{J} \) und \( \mathrm{d}\vec{A} \) parallel sind, gilt:

\( I = \displaystyle\int \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} = \iint \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} = \iint \limits_\mathrm{A}^{} |\vec{J}|·|\mathrm{d}\vec{A}|·\mathrm{cos}(α) = \iint \limits_\mathrm{A}^{} |\vec{J}|·|\mathrm{d}\vec{A}| \)

wegen \( \mathrm{cos}0° = 1 \).

Da sowohl der Stromdichtevektor \( \vec{J} \) als auch der Normalenvektor \( \mathrm{d}\vec{A} \) Funktionen vom Radius \( r \) der Kreisfläche \( A \) und vom Drehwinkel \( φ \) sind, kann man hier das Flächenintegral als Doppelintegral in Polarkoordinaten \( x = r·\mathrm{cos}(φ) \), \( y = r·\mathrm{sin}(φ) \) schreiben.

Mit

\( |\vec{J}| = J = J_0- \dfrac{J_0-J_\mathrm{a}}{r_\mathrm{a}^2}·r \)

und

\( |\mathrm{d}\vec{A}| = A = r·\mathrm{d}r\mathrm{d}φ \)

ergibt sich für die Stromstärke \( I \):

\( \begin{array}{lcl} I & \; = \; & \displaystyle\int \limits_\mathrm{A}^{} \vec{J}·\mathrm{d}\vec{A} = \displaystyle\int \limits_0^{2 \, \mathrm{π}} \displaystyle\int \limits_0^{r_\mathrm{a}} \vec{J}(r,φ)r·\mathrm{d}r\mathrm{d}φ \\ & \; = \; & \displaystyle\int \limits_0^{2 \, \mathrm{π}} \displaystyle\int \limits_0^{r_\mathrm{a}} \left( J_0- \dfrac{J_0-J_\mathrm{a}}{r_\mathrm{a}^2}·r^2 \right) r·\mathrm{d}r\mathrm{d}φ \\ & \; = \; & \displaystyle\int \limits_0^{2 \, \mathrm{π}} \displaystyle\int \limits_0^{r_\mathrm{a}} \left( J_0·r- \dfrac{J_0-J_\mathrm{a}}{r_\mathrm{a}^2}·r^3 \right)d\mathit{\mathrm{r}}\mathrm{d}φ \end{array} \)

Das „innere Integral“ nach dem Radius \( r \) integriert, liefert:

\( I = \displaystyle\int \limits_0^{2 \, \mathrm{π}} \left( J_0·\dfrac{r_\mathrm{a}^2}{2}- \dfrac{J_0-J_\mathrm{a}}{r_\mathrm{a}^2}·\dfrac{r_\mathrm{a}^4}{4} \right)d\mathit{\mathrm{φ}} \)

Das „äußere Integral“ nach dem Drehwinkel \( φ \) integriert, ergibt:

\( I = \left( J_0·\dfrac{r_\mathrm{a}^2}{2}- \dfrac{J_0-J_\mathrm{a}}{r_\mathrm{a}^2}·\dfrac{r_\mathrm{a}^4}{4} \right)·2π \)

Zusammenfassung, Vereinfachung und Einsetzen der gegebenen Werte liefert:

\( I = 0{,}236 \, \mathrm{mA} \).

Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man die Besonderheit erkennt, dass die Stromdichte \( J = J(r) \) nur vom Radius \( r \) der Kreisfläche \( A = \mathrm{π}r^2 \) abhängt (vgl. Bild oben).

Mit \( \mathrm{d}A = 2 \, \mathrm{π}r·\mathrm{d}r \) lässt sich die Rechnung auf die einfache Integration

\( I = \displaystyle\int \limits_\mathrm{A}^{} J·\mathrm{d}A = \displaystyle\int \limits_0^{r_\mathrm{a}} J(r)·2 \, \mathrm{π}r·\mathrm{d}r \)

zurückführen und liefert das gleiche Ergebnis.