Dirichlet, Johann Peter Gustav

(eigentlich Lejeune Dirichlet, J. P. G.)

geb.: 13.02.1805 Düren (bei Aachen)
gest.: 05.05.1859 Göttingen
Dirichlet war Sohn eines Postkommissars von Düren, dessen französische oder wallonische Vorfahren aus Richelet bei Verviers (Belgien) stammten; der Name "Lejeune Dirichlet" könnte also "der junge Mann aus Richelet" bedeuten. Seine mathematische Ausbildung erhielt Dirichlet in Paris, wo er sich 1822 - 1826 aufhielt und ständigen Kontakt mit führenden französischen Mathematikern hatte, insbesondere mit J. J. Fourier, S. D. Poisson und S. F. Lacroix. 1825 bewies er ein wesentliches Teilresultat für die Bestätigung der Fermatschen Vermutung für n = 5, d. h. dafür, dass keine natürlichen Zahlen x, y, z mit



existieren; diese Methoden hat später A. M. Legendre aufgegriffen und zum vollen Beweis dieser Vermutung für n = 5 fortgeführt. 1827 erhielt Dirichlet von der Universität Bonn den Dr. h.c. und wurde, gefördert durch A. von Humboldt (1769 - 1859), Privatdozent und außerordentlicher Professor an der Universität Breslau (Wroclaw). 1829 ging Dirichlet als Privatdozent an die Universität Berlin, wo er 1831 außerordentlicher Professor und 1839 ordentlicher Professor wurde. 1855 folgte er einem Ruf an die Universität Göttingen als Nachfolger von C. F. Gauß. Dirichlet lieferte bahnbrechende Arbeiten zur Mathematik und zur mathematischen Physik, die von Gauß als "Juwelen" bezeichnet wurden, die man "nicht mit der Krämerwaage" wägt. Er wirkte mit großem Erfolg sowohl durch seine tiefschürfenden Abhandlungen als auch durch seine vorbildlichen Vorlesungen über damals aktuellste und schwierigste Fragen der Mathematik und auch durch fundierte Gutachten für die Universität und Akademien in Berlin und Göttingen. Zusammen mit C. G. J. Jacobi leitete Dirichlet dadurch eine neue Epoche des Mathematikbetriebes in Deutschland ein. Zu seinen Schülern gehören so bedeutende Mathematiker wie E. E. Kummer, G. Eisenstein, L. Kronecker, B. Riemann und R. Dedekind. In seinen Arbeiten führte Dirichlet sowohl Ideen von Gauß, dessen geniales zahlentheoretisches Werk "Disquisitiones arithmeticae" er den Zeitgenossen erschloss, als auch von französischen Vertretern der Analysis und der mathematischen Physik weiter. An Fourier anknüpfend, lieferte Dirichlet einen Konvergenzbeweis für die Entwickelbarkeit periodischer, stückweise stetiger und monotoner Funktionen einer reellen Variablen nach trigonometrischen Funktionen. Er löste für die Potentialgleichung von P. S. Laplace Randwertprobleme und lieferte Beiträge zur Hydrodynamik. Dabei verwendete er das Dirichletsche Prinzip, das die Lösung einer Randwertaufgabe durch Minimierung eines Integrals ergibt, das bei ebenen Problemen die Form



hat, also auf eine Aufgabe der Variationsrechnung zurückführt. Dieses Prinzip erwies sich als sehr nützlich, die damit verbundene Existenzbehauptung für eine minimierende Lösung konnte aber erst 1899 von D. Hilbert allgemein bewiesen werden.
Grundsätzlich neue Hilfsmittel der Analysis führte Dirichlet in die Zahlentheorie ein, u.a. die Dirichlet-Reihen der Form



Damit gelang ihm u. a, der Beweis des Dirichletschen Primzahlsatzes: Jede arithmetische Folge, deren Anfangsglied und Differenz zueinander teilerfremd sind, enthält unendlich viele Primzahlen. Er bestimmte damit auch explizit die Klassenzahlformeln für binäre quadratische Formen. Wesentliche und abschließende Ergebnisse fand Dirichlet über Einheiten in algebraischen Zahlkörpern endlichen Grades.